Der erste Tag in Südtirol, bisher zu Hause vom Wetter nicht verwöhnt waren die Hoffnungen groß, hier knapp
1000 km südlich von Hannover endlich im Sonnenschein Rad zu fahren. Doch der erste Morgen brachte eine
Enttäuschung. Regen und ein grauer Himmel, der zunächst wenig Hoffnung auf Änderung aufkommen ließ.
So wurde der Start mehrfach um je eine Stunde verschoben, bis der Regen gegen Mittag tatsächlich aufhörte.
Der Himmel sah zwar nicht wirklich gut aus, aber es regnete nicht, so starteten wir unsere erste Ausfahrt um
13.00 Uhr.
Nach dem Start ging es zunächst durch die Obstplantagen vorbei am Kalterer See durch die Weinberge über Eppan
an den Fuß des Mendelpasses. Der Himmel sah inzwischen sehr nach Regen aus. Wolfgangs Vorschlag, dass wir besser
umkehren sollten wollte Niemand hören. Wir fuhren zuversichtlich in den Berg - dem nassen Hintern entgegen,
wie sich bald herausstellen sollte. Die schnellsten der Gruppe haben den Pass noch trocken erreicht.
Für mich könnte man den Spruch: Den letzten beizen die Hunde
in Richtung nassem Hintern abwandeln,
obwohl ich nicht ganz der letzte war. Das spielte aber eigentlich auch keine Rolle, denn nach dem Imbiss
auf dem Pass ist jederauf den verbleibenden 72 Kilometern bis aufs letzte Hemd nass geworden.
Wir sind die gesamte Strecke im strömenden Regen zurückgefahren. Die Stimmung war nach kurzer Zeit derartig
auf dem Tiefpunkt. Die Tatsache, dass uns eine vermeintliche Abkürzung für einige Kilometer auf eine für
Radfahrer gesperrte Schnellstraße führte, wurde zunächst kommentarlos geschluckt.
bloß nach Hause!
Mehr wollte keiner. Irgendwann ist uns der Irrsinn schließlich doch aufgefallen und mit einiger Mühe fanden wir
Nebenstraßen und schließlich bekannte Wege, die uns zurück nach Kurtinig führten. So endete die erste
Ausfahrt mit einer Gewissheit: Morgen ist putzen der Räder angesagt
Nachdem wir uns am Vortag alle einen triefnassen Hintern geholt haben und der Samstagvormittag wettermäßig nicht
vielversprechender aussah, wurde der Vormittag von den meisten Fahrern mit Materialpflege - Rad putzen und Kette
schmieren verbracht. Der Pensionswirt stellte uns ein Wasserschlauch zur Verfügung, womit wir den aufgeschleuderten
Straßendreck an den Rädern locker entfernen konnten, doch anscheinend war der Wasserschlauch porös und setzte
dadurch die Wasserentnahmestelle im Keller diesen unter Wasser, was anscheinend der Wirt sehr gelassen hin am,
es gab nämlich keine aufbrausenden Kommentare vom Wirt.
Nachdem immer mehr die Wolkendecke aufbrach und die Sonne hervorkam machten wir nach einem Gruppenfoto uns um
13.00 Uhr - mit dem größten Teilnehmerfeld in diesem Urlaub (19 Fahrer! inkl. unserer 3-köpfigen österreichischen
Delegation) - auf den Weg zur unserer zweiten Ausfahrt. Zuerst führte uns der Weg Richtung Süden flach an der
Etsch entlang bis San Michelle Alladige, ab hier ging es dann bergauf Richtung Cembra bei gut zufahrenden
Steigungen, dass Wetter stabilisierte sich immer mehr und wir fuhren bei strahlend blauem Himmel weiter Richtung
Molina, wo wir eine Pause einlegten und im Strassencafe uns alle stärkten.
Anschließend gab es noch ein paar
Steigungen bevor wir mit einer herrlichen langen Abfahrt nach Egna im Etschtal belohnt worden sind. Nach kurzem
Sammeln in Egna, ging es dann gemeinsam die restlichen 5 km Richtung Heimat ins Hotel nach Kurtinig. Gemeinsam ?
Nein, beim Sammeln in Egna haben Krönel, Supergau und unser Schaffner nicht mitbekommen, dass Michaela und King
sich schon in unserer Gruppe befand und haben dann dort vergebens auf sie gewartet, somit trafen sie mit ca.
halbstündiger Verspätung und 10 km mehr auf dem Wegstreckenzähler im Hotel ein.
Nachdem nun nach den ersten schon recht anstrengenden Touren der ersten Tage die wohl anspruchsvollste Route anstand
sind noch acht Fahrer die Fahrt zum Manghenpass angetreten. Die anderen haben sich den ersten Ruhetag gegönnt,
der Präsident konnte aufgrund der Verschmutzung seines Freilaufes wegen der Regenfahrt am ersten Tag und der
anstehenden Reparatur ebenfalls nicht teilnehmen, der Bergfloh hat ihn bestens als Guide vertreten.
Die ersten 30 km ging es noch recht entspannt nach Trento wo wir uns kurz den Marktplatz angeschaut haben.
Dann ging es mit ersten Steigungen nach Borgo. Dort haben wir uns mit Pizza und Apfelstrudel und (natürlich)
alkoholfreien Getränken für die anstehenden Aufgaben gestärkt. Leider wurde bei mir die Stimmung getrübt da
mir das gleiche Schicksal wie dem Präsidenten beschert war: Schmutz im Freilauf und bei Abfahrten zufällig
auftretende nervige Geräusche bei unruhiger Fahrt. So konnte ich nicht viel schneller als 30 km/h fahren.
Die folgenden 23 km bis hoch zum Manghenpass hatten es dann in sich. Zu Beginn haben Jörg Pedder und ich mal
gleich eine Abfahrt verpasst und mussten umdrehen (Gott sei Dank gibt es Handys...). Bei den wechselnden Steigungen
bis um die 16% musste aufgrund Trainingsrückstand oder nicht optimaler Übersetzung der eine oder andere dann schon
mal vom Rad.
Oben auf 2025 m angekommen hatte dann die Hütte auch noch geschlossen. Bei kaltem Wind und Bewölkung wurde recht
schnell beschlossen direkt die Abfahrt zu beginnen. Die war aber auch keinesfalls angenehm da ziemlich schnell
dichter Wald begann und die Temperatur noch einmal gefühlt bis nahe dem Gefrierpunkt sank so dass Füße und Hände
froren. Wir kamen dann zum Teil sichtbar zitternd am Kreisverkehr in Molina an wo der Bergfloh uns netterweise
erst mal etwas verpflegt hat.
Hier haben wir ca. 45 Minuten auf den Kutscher und Tischler gewartet. Auch telefonisch konnten wir sie nicht
erreichen. Erst nach dem Anruf in der Pension haben wir erfahren, dass sie sich abholen lassen da sie eine Ankunft
vor dem Einbruch der Dunkelheit nicht mehr erwartet haben. Allerdings wie nicht vermutet doch nach Überquerung
des Passes und der Abfahrt. Später haben sie uns dann überholt und durch Gegröhle nochmal ordentlich motiviert.
Die Tour haben wir dann über Auer abgekürzt und sind ca. gegen 20:30 Uhr nach 146 km und 2700 hm in der Pension
angekommen.
Da Montag, an dem sogenannten Ruhetag sich einige Recken auf den Weg zum
Manghen Pass gemacht hatten und entsprechend
spät zurückkamen, war die Gruppe am Dienstag auf der Gardaseetour dann mit 12 Fahrern überschaubar, da sich von den
Manghenpass-Bezwingern nur drei morgens früh wieder aufs Rad setzen wollten. Der Start musste aber früh erfolgen,
da am Bahnhof Margreid um 9.05 Uhr der Zug nach Rovereto erreicht werden musste. Mit der Bahnfahrt bis Rovereto
sollten einige Kilometer durch das Etschtal gespart werden. Im Nachhinein stellte sich die Bahnfahrt auch noch
als glückliche Fügung heraus, da dadurch die gesamte Tour mit kräftig schiebendem Südwind gefahren werden konnte.
Den Zugschaffner konnte die 12-köpfige Gruppe samt Rädern aber ohne Fahrschein nicht schrecken. Er rechnete mit
diversen elektronischen Hilfsmitteln, ließ sich auch zwischenzeitlich durch sein Telefonino mit dem
R.E.M.-Klingelton "Losing my Religion" nicht ablenken, griff dann aber doch sicherheitshalber zu Papier und
Kugelschreiber und errechnete den sensationellen Preis von 6,48 Euro pro Person und Fahrrad!!
In Rovereto angekommen zeigte sich wieder einmal die bestechende Ortskenntnis des Präsidenten und der Radweg
Richtung Gardasee wurde schnell gefunden. Auf kleinen Wegen durch die Weinberge wurde der erste Stopp am
Aussichtspunkt oberhalb von Torbole eingelegt und der Blick auf den Gardasee genossen. Anschließend folgte die
einzige verkehrsreiche Strecke auf der Abfahrt nach Arco. Von da ab aber nur noch kleine und kleinste Wege durch
das Sarcatal, vorbei am Lago di Cavedine nach Sarche und von dort bergauf zum Lago di Molveno, und das alles bei
feinstem Sonnenschein und blauen Himmel.
Am Lago di Molveno warteten schon die angekündigten wagenradgroßen Pizzen, die auf gesonderten Beistelltischen
serviert werden mussten. Derart gestärkt war der letzte Anstieg zum kleinen Wintersportort Andalo schnell überwunden
und es folgte eine rasante Abfahrt nach Mezzolombardo und weiter über den Etschtalradweg zurück zum Hotel.
Fazit: Eine Tour mit höchstem Genussfaktor!
Die ursprünglich als "Königsetappe" geplante Runde wurde etwas verkürzt und spontan abgewandelt. Geplant war,
mit dem Zug bis nach Waidbruck (Ponte Gardena) zu fahren. Die verspätete Bahn brachte uns nur nach Bozen, wo
wir sofort eine Anschlussmöglichkeit gehabt hätten, wenn der italienischen Schaffnerin nicht missfallen hätte,
dass einige unserer Räder zwar in den Zug, aber nicht mehr in das dafür vorgesehene Abteil passten und wir deshalb
wieder aussteigen mussten.
Frecke hatte sich hier schon verabschiedet, um eine kleine Rekom-Tour zu fahren; Winnie
wollte die Bahnreise nach Meran fortsetzen, um von dort die Reichweite seines Elektrorenner-Akkus zu testen.
Für die anderen waren die gut 20 km Radweg im Eisacktal von Bozen nach Ponte Gardena ein lockeres Aufwärmen vor
dem dort beginnenden knackigen Anstieg in Richtung Grödner und Sella.
Auf den Rampen mit bis zu 16 % Steigung
hatte jeder Gelegenheit, ausgiebig über Ritzelgrößen nachzudenken oder zur Ablenkung von diesem Problem einen
Esel zu bespaßen. Zur Erforschung der hier besonders auffälligen schwerkraftbedingten Phänomene beschloss King,
die Strecke noch einmal zu fahren - allerdings nur bergab, um dann auf eigene Faust einen anderen Weg zu suchen.
In St. Ulrich fuhren wir ahnungslos an einem schnell angekommenen, schon Espresso trinkenden Ollivino vorbei,
der dachte, dass alle Welt den Rastplatz bei der Tankstelle kennt und so oder so dort anhält. Die vermeintlich
untreuen Blauhemden steuerten stattdessen weiter oben einen für Radfahrer gesperrten Tunnel an, was alle noch
rechtzeitig gemerkt haben
alle, bis auf den Schaffner, trotz lauter Zurufe. Der wurde minutenlang vom Hupkonzert
eines aufgeregten Eingeborenen begleitet, während wir anderen draußen mit betretenen Gesichtern lauschten und uns
fragten, ob wir den Kollegen je wiedersehen würden. Schließlich kam er unversehrt wieder ans Tageslicht und wir
erreichten gemeinsam zur Verpflegung einen Supermarkt, jedoch ohne Ollivino, der wegen des Tankstellenvorfalls
erst hinter dem Pass wieder Lust auf Gesellschaft hatte.
Mit dem großartigen Dolomitenpanorama ringsherum ging
es durch Wolkenstein weiter hinauf zum Sellajoch, wo noch reichlich Schnee lag. Schon im Anstieg wurde es so kalt
und windig, dass man die Windjacken anziehen musste. Ganz oben auf 2200 m Höhe gab es Touristenbusse, ein paar
verschlossene Gebäude und sehr unangenehme, eiskalte Orkanböen. Der Ausblick wurde deshalb nur kurz gewürdigt
der Weg schnellstmöglich ins wärmere Tal fortgesetzt. Unten in Canazei, einem im Mai fast völlig evakuierten
Skitourismusort, haben wir in einem der wenigen geöffneten Lokale in kürzester Zeit die letzten Nahrungsvorräte
geplündert. Wenige Kilometer später, am Abzweig zum Rosengarten in Pozza di Fassa, kündigten der Scheich und
der Architekt an, von dort zu Forschungszwecken den schnellsten Weg nach Kurtinig zu suchen - mit Erfolg; sie
waren zwei Stunden vor uns dort.
Der noch höhenmeterlustige Rest der Gruppe ist über den Karerpass nach Welschnofen
und durchs Eggental nach Kardaun gefahren, mit fantastischem Blick auf die Dolomiten im Rücken und auf Bozen
unterhalb im Tal. Über der gut sichtbaren Ortlergruppe im Westen bildeten sich bereits gigantische dunkle Quellwolken, die das schlechte Wetter des folgenden Tages ankündigten. Schließlich musste noch der altbekannte Radweg durchs Etschtal von Bozen nach Kurtinig bei Gegenwind abgearbeitet werden. Die wenigen Regentropfen kurz vor dem Ziel gaben den übriggebliebenen acht Fahrern die Bestätigung, den bis dahin trockenen Tag mit einer wunderschönen Tour über 160 km und 2600 hm perfekt ausgenutzt zu haben.
Am Buffet sind die Schnellsten häufig andere als am Berg und traditionell wartet hier keiner auf den Letzten,
auch diejenigen nicht, die sich gern lautstark beklagen, wenn der wohlfeile Windschatten an der Spitze im Tempo
einmal nicht perfekt jedem Trainingsdefizit angepasst ist.
Zwei Fahrer, die beim Duschen nicht schnell genug waren,
mussten deshalb ihren Weg zum Abendessen, das wegen des Ruhetages unserer Pension in einen Nachbarort verlegt war,
allein organisieren. Im gemütlichen Gasthof "Zum Hirschen" im malerisch schönen Margreid wurde unser
Italienaufenthalt mit gutem Essen offiziell abgeschlossen. Trotz der wetterbedingten Verkürzung war es ein
rundum gelungener Trainingsurlaub, was auch an der langfristigen Planung und Organisation unseres Präsidenten lag,
dem dafür herzlich gedankt sei.